"Pension Schöller" - unsere nächste Produktion
Gedanken zur Stückbearbeitung und Inszenierung
von Ami Barbara Rauch, Regisseurin
Hätten Sie, liebe Aktiv- und Gönnermitglieder, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, vor - sagen wir einmal fünf Jahren - behauptet, dass in nicht allzu ferner Zukunft ein Grossteil der Menschheit sich nur noch mit Masken in der Öffentlichkeit bewegen würde, man hätte Sie für verrückt gehalten.
Wer oder was verrückt ist, oder wer oder was nicht; wer oder was von dem ihm bestimmten und angemessenen Ort verschoben wurde, oder wer oder was noch un-verrückt auf seinem Platz steht, hängt unter anderem mit der Perspektive der Betrachtenden zusammen, oder mit dem, was die Augen dieser Betrachtenden sehen wollen oder sehen sollen.
PHILIPP KLAPPROTH, der Protagonist des von Wilhelm Jacobi und Carl Laufs geschriebenen und im Jahre 1890 uraufgeführten Lustspiels, will nicht nur etwas Ver-rücktes sehen, er will Ver-rückte hautnah erleben. Zum einen, weil er den Plan hat, in seiner Villa im Tessin ein gewinnbringendes „Nervensanatorium“ einzurichten, zum anderen - was für ihn noch viel wichtiger ist - weil er hofft, sich damit am heimischen Stammtisch gebührend inszenieren zu können. Sein Neffe ALFRED soll ihm dazu verhelfen und erhält dafür als Gegenleistung das Startkapital für ein Start-up. Alfred’s Freundin MARIA KISSLING hat die Idee, dem Onkel doch die Pension Schöller - deren Gäste ziemlich exzentrisch sind - als Irrenanstalt zu „verkaufen“. Klapproth, der die Gäste wirklich für Verrückte hält, amüsiert sich köstlich.
Die Welt hat seit der Uraufführung nichts an Exzentrik verloren - und das Stück nicht an Aktualität. Im Gegenteil, eine Verrücktheit jagt zurzeit die andere. Was gestern noch unvorstellbar war, ist heute bereits Realität. Die Grenzen zwischen normal und verrückt verschwimmen immer mehr. Und wir schwimmen mit. Selfiemanisch setzen wir uns medien- und marktwirksam in Szene – genau wie die Figuren im Stück – in der Hoffnung vielleicht, dass wir uns in dieser extremen Zeit nicht ganz verlieren.
Mögen wir vor allem auch etwas nicht verlieren: Unseren Humor nämlich, der uns auch die schrägsten Perspektiven erträglicher macht und die Sinne schärft für’s Wesentliche!
In diesem Sinne freue ich mich, Sie im Frühling 2023 als Theatergäste begrüssen zu dürfen.